„Paris, den 1. May 1778.
(...) Wenn hier ein Ort wäre, wo die Leute Ohren hätten, Herz, zu empfinden, und nur ein wenig Etwas von der Musik verständen und Gusto hätten, so würde ich von Herzen zu allen diesen Sachen lachen, aber so bin ich unter lauter Vieher und Bestien (was die Musik anbelangt). Wie kann es aber anders seyn? Sie sind ja in allen ihren Handlungen, Leidenschaften und Passionen auch nicht anders – es giebt ja keinen Ort in der Welt, wie Paris. Sie dürfen nicht glauben, dass ich ausschweife, wenn ich von der hiesigen Musik so rede. Wenden Sie sich, an wen Sie wollen – nur an keinen gebornen Franzosen – so wird man Ihnen (wenn es Jemand ist, an den man sich wenden kann) das Nämliche sagen. Nun bin ich hier. Ich muss aushalten, und das Ihnen zu Liebe. Ich danke Gott dem Allmächtigen, wenn ich mit gesundem Gusto davon komme. Ich bitte alle Tage Gott, dass er mir die Gnade giebt, dass ich hier standhaft aushalten kann, dass ich mir und der ganzen deutschen Nation Ehre mache, und dass er zulässt, dass ich mein Glück mache, brav Geld mache, damit ich im Stande bin, Ihnen dadurch aus Ihren dermaligen betrübten Umständen zu helfen, und dass wir bald zusammen kom men und glücklich und vergnügt mit einander leben können.“ [1]
|
|
Paris - Tuilerienpalast "Pavillon de Flore" - Süd-Flügel des Palais des Tuileries - Foto: Wikipedia (gemeinfrei)
|
„Paris, ce 3 Juillet 1778.
Allerbester Freund! (für Sie ganz allein.)
Trauern Sie mit mir, mein Freund! – Diess war der traurigste Tag in meinem Leben – das schreibe ich um zwey Uhr Nachts – ich muss es Ihnen doch sagen, meine Mutter, meine liebste Mutter ist nicht mehr! – Gott hat sie zu sich berufen – er wollte sie haben, das sah ich klar – mithin habe ich mich in den Willen Gottes gegeben. – Er hat sie mir gegeben, er konnte sie mir auch nehmen. Stellen Sie sich nur alle meine Unruhe, Angst und Sorgen vor, die ich diese vierzehn Tage ausgestanden habe. – Sie starb, ohne dass sie Etwas von sich wusste – löschte aus wie ein Licht. Sie hat drey Tage vorher gebeichtet, wurde abgespeis't und empfing die heilige Oehlung. – Die letzten drey Tage aber phantasirte sie beständig, und heute um 5 Uhr 21 Minuten Abends griff sie in Zügen, verlor also gleich dabey alle Empfindung und Sinne – ich drückte ihr die Hand, redete sie an – sie sah mich aber nicht, hörte mich nicht, und empfand Nichts – so lag sie, bis sie verschied, nämlich in 5 Stunden, um 10 Uhr 21 Minuten Abends (...)
Dero
gehorsamster, dankbarster Diener
Wolfgang Amadé Mozart.
Aus Fürsorge:
Rue du gros chenet, vis-à-vis celle du croissant
à l'hôtel des quatre fils aimont.“ [1]
|
|
Salzburg - Domkirche Interieur
|
Kompositionen 1778:
KV 313: Konzert für Flöte mit kleinem Orchester (G-Dur), 3sätzig (Mannheim, 1778), KV 314: Konzert für Flöte (oder Oboe?) mit kleinem Orchester (D-Dur), (Mannheim, 1778 ?), KV 315: Andante für Flöte mit kleinem Orchester (C-Dur), (Mannheim, 1778 ?), KV 301: Sonate für Klavier und Voline (G-Dur), 2sätzig, (Mannheim, Februar 1778), KV 302: Sonate für Klavier und Violine (Es-Dur), 2sätzig, (Mannheim, Anfang 1778), KV 303: Sonate für Klavier und Violine (C-Dur), 2sätzig, (Mannheim, Februar 1778), KV 305: Sonate für Klavier und Violine (A-Dur), 2sätzig, (Mannheim, 1778), KV 294: Rezitativ und Arie für Sopran (Alcandro, lo confesso" bzw. "Non so, d'onde viene") mit Orchester, (Mannheim, 24. Februar 1778 für Aloysia Weber), KV 295: Arie für Tenor ("Se al labbro mio non credi) mit Orchester, (Mannheim, 27. Februar 1778), KV 308: Ariette ("Dans un bois solitaire") für Singstimme und Klavier, Text von Antoine Houdart de la Motte (Mannheim, Februar 1778 für Auguste Wendling), KV 296: Sonate für Klavier und Violine (C-Dur), 3sätzig, (Mannheim, 11. März 1778), KV 322: Kyrie für 4 Singstimmen, Orchester und Orgel (Fragment) - (Mannheim, Anfang 1778), KV 299: Konzert für Flöte und Harfe mit Orchester (C-Dur), 3sätzig, (Paris, April 1778), KV 298: Quartett für Streicher (A-Dur), 4sätzig, (Paris, 1778), KV 354: 12 Variationen für Klavier über "Je suis Lindor", Romanze aus A.L. Baudrons Vertonung des "Barbier" von Beaumarchais (Paris, 1778), KV 300: Gavotte für Orchester (Paris, Mai oder Juni 1778), KV 297: Sinfonie (D-Dur), 3sätzig, (Paris, Juni 1778), KV 316: Rezitativ und Arie für Sopran - (begonnen wahrscheinlich in Paris 1778, vollendet in München, 8. Januar 1779, für Aloysia Weber), KV 304: Sonate für Klavier und Violine (e-Moll), 2sätzig, (Paris, 1778), KV 310: Sonate für Klavier (a-Moll), 3sätzig, (Paris, 1778), KV 265: 12 Variationen für Klavier über "Ah, vous dirai-je, mamman" (Paris, 1778), KV 353: 12 Variationen für Klavier über "La belle Francoise" (Paris, Sommer 1778), KV 395: Capriccio für Klavier (Paris, Mitte Juli 1778 ?), KV 330: Sonate für Klavier (C-Dur), 3sätzig, (Paris, Sommer 1778), KV 331: Sonate für Klavier (A-Dur), mit Variationen im 1. Satz, 3sätzig, (Paris, Sommer 1778 ?), KV 332: Sonate für Klavier (F-Dur), 3sätzig, (Paris, 1778), KV 306: Sonate für Klavier und Violine (D-Dur), 3sätzig, (Paris, 1778), KV 333: Sonate für Klavier (B-Dur), 3sätzig, (Paris, 1778), KV 264: 9 Variationen für Klavier über ein Thema von Nicolas Dezéde "Lison dormait", (Paris, Spätsommer, 1778 ?),
|
|
Paris Säulengang im Palais Royal zum Innenhof - Foto: Wikipedia (gemeinfrei)
|
„Paris, ce 9 Juillet 1778.
Monsieur mon très cher Père!
(...) Nun, der göttliche, allerheiligste Wille ist vollbracht – beten wir also ein andächtiges Vater unser für ihre Seele – und schreiten wir zu andern Sachen: es hat Alles seine Zeit. – Ich schreibe dieses im Hause der Madame d'Epinay und des Mons. Bar. de Grimm, wo ich nun logire, ein hübsches Zimmerl mit einer sehr angenehmen Aussicht habe, – und, wie es nur immer mein Zustand zulässt, vergnügt bin. – Eine grosse Hülfe zu meiner möglichen Zufriedenheit wird seyn, wenn ich hören werde, dass mein lieber Vater und meine liebe Schwester sich mit Gelassenheit und Standhaftigkeit gänzlich in den Willen des Herrn geben, – sich ihm von ganzem Herzen vertrauen, in der festen Ueberzeugung, dass er Alles zu unserm Besten anordnet (...).“ [1]
In den Briefen ab dem 3. Juli schildert Mozart seinem Vater die Hintergründe um den Tod seiner Mutter. Durch Wofgangs Brief an Abbé Bullinger sind seine Lieben zuhause schon vorbereitet. In einem Brief des Vaters gegen Ende August 1778 deutet dieser an, dass es Möglichkeiten gibt, wieder in Salzburg eine Musikerstelle anzutreten. Sein letzter Satz in diesem Brief lautet: „Mein nächster Brief wird Dir sagen, dass Du abreisen sollst.“
|
|
Paris - Kathedrale Notre-Dame de Paris Hauptportal (Westfront) - Foto: Wikipedia - Autor: Arnaud Gaillard - Lizenz: s.u.
|